Dank einer gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelten Einfuhr von Mineralölprodukten im ersten Halbjahr 2023 zeigt auch das Halbjahrestotal in den Schweizerischen Rheinhäfen mit gut 19% ein deutliches Wachstum gegenüber dem tiefen Niveau 2022. Beim Containerverkehr ist nach dem Ausnahmejahr 2022 eine Stabilisierung auf Vor-Corona-Niveau festzustellen. Eher schwach ist das Halbjahresergebnis im Agrarbereich und im Baustoff-Sektor.
2‘752‘962 t wurden im ersten Semester 2023 in den Häfen Kleinhüningen, Birsfelden und Auhafen Muttenz umgeschlagen, 2‘311‘620 t waren es in der Vergleichszeit 2022. Dies entspricht einem Plus von 19,1%, welches beinahe ausschliesslich auf das Umschlagsvolumen im Mineralölbereich zurückzuführen ist, welches das Niveau vor der Energiekrise 2022 wieder erreicht hat. Der „Ölhafen“ Muttenz weist daher mit fast 57% den höchsten Umschlags-Zuwachs auf. Etwas abgeschwächt gilt dies für den Hafen Birsfelden, der um 26% über dem Niveau des Vorjahres liegt. Der Hafen Kleinhüningen mit den Schwerpunkten Container- und Agrar-Verkehr verbuchte hingegen einen Rückgang des Umschlags um 15%.
Ebenfalls bedingt durch den Faktor Mineralölprodukte nahm der Import- oder Bergverkehr – mit gut 2,3 Mio. t, der in der Tonnage stärkere Sektor – gegenüber dem ersten Halbjahr des Vorjahres um 28,3% zu. Der Export- oder Talverkehr hingegen nahm gegenüber der Vorjahresperiode mit fast 422‘000 t um knapp 15% ab.
Gut 59’000 Containereinheiten (TEU) wurden im ersten Halbjahr 2023 in den Rheinhafenterminals wasserseitig umgeschlagen. Gegenüber dem Ergebnis des Vergleichszeitraums 2022 (71’860 TEU) entspricht dies einer Verminderung um 18%. Nach einem durch Ausnahme-Faktoren geprägten 2022 liegt das Zwischentotal 2023 damit wieder auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit.
Die Ableitung einer Prognose für den Gesamtumschlag 2023, ist jedoch schwer. Entscheidend dürften neben der weiteren Entwicklung der Energiemärkte mit Blick auf den Krieg in der Ukraine auch die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen und die Wasserstände sein.
Containerverkehr
59’112 TEU wurden im Berichtszeitraum in den Schweizerischen Rheinhäfen wasserseitig umgeschlagen. Gegenüber dem Ergebnis des Vergleichszeitraums 2022 (71’860 TEU) entspricht dies einer Verminderung um fast 18%. Der Wert liegt etwa auf dem Niveau des ersten Halbjahres 2019 – also der Vor-Corona-Zeit – mit damals gut 60’000 TEU.
Die konjunkturelle Abschwächung im geopolitischen Kontext sowie die postpandemische Normalisierung dürften die Hauptgründe für die aktuelle Entwicklung im Vergleich der Jahre darstellen. Das erste Halbjahr 2022 war noch von «Nachholverkehren» nach der Epidemie und nach den verschiedenen Lockdown-Phasen in China geprägt. Dieser Sonderfaktor fiel im ersten Semester 2023 logischerweise weg – der Umschlag hat sich mehr oder weniger wieder auf Vor-Corona-Niveau stabilisiert. Gleichzeitig nahmen die Transportmengen vor dem Hintergrund politischer Spannungen und inflationärer Entwicklungen in Europa ab.
Im Monatsvergleich weisen vor allem April (-20%) und Mai (-19,5%) ein deutliches Minus auf. Neben dem erwähnten «Nachhol-Effekt» spielt hier noch mit rein, dass in der Vergleichszeit des Vorjahres aufgrund von Umschlagsproblemen in Rotterdam und Antwerpen viele Container verspätet in die Schweizer Rheinhäfen gekommen waren.
Gegenüber der Vergleichsperiode 2022 deutlich zurückgegangen sind die Verkehre mit Leercontainern. Diese Transporte zwischen Binnen- und Seehäfen dienen dem Ausgleich in den Depots. Im 1. Semester 2023 betrug das Transport-Total in diesem Bereich 17’461 TEU, im Vergleichszeitraum 2022 waren es 22’773 – eine Verminderung um gut 23%. Dies lässt den Schluss zu, dass die Containerverkehre mit der Schweiz im Berichtszeitraum nicht so stark unpaarig waren und damit weniger Transporte von leeren Behältern erforderten.
Der Transport voller Behälter nahm mit -15% deutlich weniger ab und erreichte ein Total von fast 41’651 TEU. Das Minus ist beim reinen Exportverkehr, also der Menge der in den Rheinhafenterminals verschifften vollen Container, mit 19’759 TEU (-18%) höher als dasjenige im reinen Importverkehr mit 21’892 TEU (-12%).
Flüssige Treib- und Brennstoffe
Im ersten Halbjahr 2023 sind 1,43 Mio. t flüssige Treib- und Brennstoffe über die Schweizerischen Rheinhäfen importiert worden. Gegenüber den 724’000 t in der Vergleichszeit des Vorjahres entspricht dies nahezu einer Verdoppelung: +97,8%.
Die Ursache steht im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Dieser Konflikt hatte im 2022 zu einem massiven Preisanstieg für Mineralölprodukte geführt und dazu, dass die Kunden ihre Importe auf ein Minimum beschränkt und die Lager stark abgebaut hatten. Mittlerweile hat sich die Preisentwicklung beruhigt – und irgendwann sind die Tanks bei den Importeuren und bei den Endkunden leer und es muss gekauft werden.
Dies war im ersten Semester 2023 eindeutig der Fall – mit ungewöhnlich starkem Effekt: Die Einfuhr von Gas-, Diesel- und Heizöl via Schweizerische Rheinhäfen stieg in der Berichtszeit um 108% (!) gegenüber der Vergleichsperiode oder von 522’883 t auf 1’088’152 t.
Dass auch die Preise an den Tanksäulen wieder auf ein für die Kunden erträgliches Mass herunterkamen, hatte ebenfalls einen wahrnehmbaren Effekt in den Rheinhäfen: Die Einfuhr in der Kategorie «Motorbenzin und anderen Leichtöle» stieg von 206’290 t auf 302’284 t und damit um fast 46,5%.
Die Prognose für die zweite Jahreshälfte ist von mehreren Effekten geprägt: Einerseits bleibt die Preisentwicklung bei den Mineralölimporten abhängig vom Fortgang des Ukraine-Kriegs. Auch eine allfällige Verknappung der Förderung durch die OPEC oder einige ihrer Mitglieder hätte preistreibende Wirkung. Andererseits ist bereits wieder von drohenden Mangellagen die Rede und es werden zusätzliche Notkraftwerke gefordert.
Landwirtschaftliche Erzeugnisse / Nahrungs- und Futtermittel
Analog zum ersten Quartal verzeichneten die Schweizerischen Rheinhäfen auch im zweiten Quartal einen grossen Mengenrückgang. Im Vergleich zum Vorjahr schloss das 2. Quartal mit einer Mindermenge von 52’000 t, -26%.
Gründe für dieses unbefriedigende Resultat sind nach wie vor die Warenströme. Waren mit europäischer Provenienz legen weiterhin zu, während Lieferungen aus Übersee gänzlich wegbleiben. Hinzu kommen noch aktuell sehr hohe Zollabgaben, was zu einer Reduktion der Importmengen führt. Die Waren europäischen Ursprungs gelangen überwiegend über den Landweg per Bahn oder LKW in die Schweiz und gehen somit an den Schweizerischen Rheinhäfen vorbei, was zu folgenden Konsequenzen führt:
- Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse verzeichneten im Vergleich zum Vorjahr im 2. Quartal einen weiteren Rückgang von 26%, was 16’800 t entspricht.
- Die Nahrungs- und Futtermittel mussten gegenüber dem Vorjahr im 2. Quartal ebenfalls einen Rückgang von 26% resp. 35’500 t verkraften.
Die Frachten auf dem Rhein haben zwar wieder ein normales Niveau erreicht, jedoch werden die Transporte durch die niedrigen Wasserstände und der dadurch bedingten eingeschränkten Auslastung der Schiffe verteuert. Auch diese Entwicklung ist für die Mengenentwicklung der Schweizerischen Rheinhäfen nicht förderlich.
Die Lagerkapazitäten in den Rheinhäfen sind nach wie vor gut ausgelastet, jedoch drehen die eingelagerten Waren kaum, da die Ankünfte per Bahn und LKW vorrangig in die Verarbeitung und in den Verbrauch gelangen. Folglich werden die Lagerkapazitäten in den vermehrt für die Pflichtlagerhaltung genutzt. Dies ist eine für die Rheinhäfen unerfreuliche Entwicklung, wird doch die vorhandene Umschlagsinfrastruktur immer weniger genutzt, was bei den Hafenfirmen zu einem erheblichen Ungleichgewicht zwischen Kosten und Erträgen führt.
Übrige Güter
Die Importmengen in der Sparte Eisen und Stahl und NE-Metalle sind im ersten Halbjahr stabil geblieben. Im zweiten Quartal 2023 lagen sich die Einfuhren bei 56’390 t und lagen nur geringfügig unter denjenigen des ersten Quartals. Damit konnten die hohen Importmengen des Vorjahres, die teilweise aufgrund von Hamsterkäufen infolge von Lieferkettenunterbrechungen und aufgrund der Corona-Pandemie entstanden waren, nicht erreicht werden. Dennoch wird eine erfreuliche Steigerung bei den Exporten verzeichnet. Mit 8’352 t in den ersten sechs Monaten liegen die Ausfuhren um 40,7% höher als im Vergleichszeitraum von 2022. Der Grossteil dieser Ausfuhren erfolgte allein im Juni über die Schweizerischen Rheinhäfen. Die im Jahr 2022 eingekauften Rohmaterialien wurden von der Industrie verarbeitet und werden nun in den Terminals der Rheinhäfen entweder in Containern oder als Stückgut für den Versand in die ganze Welt umgeschlagen.
Die Preissituation im Bausektor hat sich normalisiert, was sich auch in den Monaten Mai und Juni durch die erfreulichen Einfuhrmengen der Gruppe Steine, Erden und Baustoffe von jeweils 50’223 t und 48’668 t gezeigt hat. Es ist jedoch festzuhalten, dass die Einfuhren in den Monaten Januar und Februar im ersten Halbjahr 2023 insgesamt 22,7% niedriger waren als im Jahr 2022. Dennoch besteht die Chance, diesen Rückstand im zweiten Halbjahr wieder aufzuholen.
Auch die Frachtraten und Treibstoffpreise haben sich weiter normalisiert, wodurch die Exporte von Recyclingbaustoffen wieder wettbewerbsfähig geworden sind. Dies führte im zweiten Quartal zu einem Anstieg des Umschlagsvolumens in den Rheinhäfen auf 72’345 t. Im Hinblick auf die globale Erwärmung stellt der Wasserstand des Rheins im dritten Quartal die grösste Gefahr für diesen Bereich dar und nicht mehr die Energiekosten und Frachtraten.
Deutlich an Schwung verloren haben die Exporte im Bereich Chemische Erzeugnisse, die um knapp 20% auf gut 125’000 t zurückgingen. Weiter gefüllt wurden die Lager der Rohstoffe und Halbfertigprodukte, so dass die Import-Verkehre bei einem Halbjahres-Total von gut 76‘000 t nur geringfügig (-4,7%) unter dem Vergleichswert des Vorjahres blieben.
Grundsätzlich muss im Bereich feste Massengüter im restlichen Jahr mit geringeren Mengen gerechnet werden. Die grosse Nachfrage nach Frachtraum für Kohle zu den deutschen Kohlekraftwerken oder für Getreide aus der Ukraine auf der Donau haben einen Personal- und Frachtraummangel in der Rheinschifffahrt sowie massiv gestiegene Frachtpreise für Rheinschiffe verursacht.