Das Umschlagsergebnis der Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) liegt nach neun Monaten 2023 um 20% über der Vergleichsperiode des Vorjahres. Dafür verantwortlich ist vor allem der Import von Mineralölprodukten mit einem Zuwachs um über 85%, der sich damit wieder auf Niveau vor der Energiekrise befindet. Der Containerbereich hat seinen Rückstand gegenüber der Vorjahresperiode dank ordentlichem 3. Quartal etwas verringert; das Ergebnis liegt aber immer noch um gut 12% unter der Vorjahresperiode. Die Agrarverkehre in den Häfen litten unter starker Konkurrenz durch Strasse und Schiene.
3,88 Mio. t wurden in den ersten drei Quartalen 2023 in den Schweizerischen Rheinhäfen umgeschlagen. Im Vergleichszeitraum 2022 waren es 3,23 Mio. t gewesen. Der Zuwachs beträgt damit genau 20%.
Die stark von der Entwicklung der Mineralölverkehre abhängigen Muttenz-Auhafen (+50,2%) und Birsfelden (+28,8%) profitierten besonders stark. Der Hafen Kleinhüningen (-11,5%) bekam die Entwicklungen im Container- und im Agrarbereich zu spüren. Der Import- oder Bergverkehr in allen drei Häfen – mit 3,2 Mio. t der wichtigere der beiden Sektoren – stieg gegenüber der Vergleichszeit des Vorjahres um 25,8%, der Export- oder Talverkehr verminderte sich bei knapp 614’000 t 3,5%.
Im Containerverkehr wurden in den Rheinhafenterminals wasserseitig gut 85’000 TEU umgeschlagen. Dies entspricht einem Rückgang um 12,4% gegenüber dem Neunmonatsergebnis des Vorjahres (97’000 TEU).
Der Vergleich der Ergebnisse 2022 und 2023 wird vor allem ab Jahreshälfte stark von den Wasserständen beeinflusst. 2022 hatte die Rheinschifffahrt eine ungewöhnlich lange Niedrigwasserperiode zu bewältigen. Auch in diesem Jahr waren die Wasserstände nicht optimal, behinderten die Schifffahrt aber nicht im gleichen Masse wie im Vorjahr.
Containerverkehr
Total wurden in der Berichtszeit 85’051 TEU umgeschlagen, was einem Minus von 12,4% gegenüber dem Total der ersten drei Quartale 2022 entspricht. Im 3. Quartal konnte der Rückstand gegenüber dem Vorjahr etwas verringert werden; dieser lag beim Halbjahresvergleich noch bei 18%.
Der Vergleich wird von diversen Sondereffekten beeinflusst. So waren im 2022 vor allem von Februar bis Juni starke «Nachholverkehre» nach der Pandemie und den verschiedenen Lockdown-Phasen in China für ein starkes Wachstum verantwortlich, während sich die ungünstigen Wasserstände im 3. Quartal negativ ausgewirkt hatten. Beide Faktoren fielen im Berichtsjahr weg. Negativ zu Buche schlugen im laufenden Jahr hingegen die aufgrund politischer Spannungen und inflationärer Entwicklungen in Europa abnehmenden Transportmengen. Im längerfristigen Vergleich liegt die Umschlagsmenge nach neun Monaten 2023 über demjenigen der Vergleichsperiode 2020 (84’000 TEU), aber noch nicht wieder auf dem Vor-Corona-Niveau (2018: 103’000 TEU, 2019: 93’000 TEU).
Der «reine» Importverkehr (volle Container) nahm mit einem Total von 30’812 TEU um knapp 11% gegenüber der Vergleichsperiode ab. Der praktisch gleiche Rückgang ist beim «reinen» Exportverkehr (abgehende volle Behälter) mit einem Total von 29’080 TEU zu konstatieren.
Total wurden 59’892 TEU (-10,6%) an vollen Containern bewegt. Beim Verkehr mit Leercontainern – dieser dient zum Ausgleich der Depots – zeigt sich bei einem Total von 24’559 TEU ein Minus um gut 18%.
Angesichts des wirtschaftlichen Umfelds kann das Ergebnis als respektabel qualifiziert werden. Bei zu erwartenden guten Wasserständen und unter Annahme von sich zumindest nicht massiv verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im 4. Quartal darf man auf ein ansprechendes Totalergebnis 2023 hoffen.
Flüssige Treib- und Brennstoffe
In den ersten neun Monaten 2023 wurde die 2-Mio-Grenze beim Import von flüssigen Treib- und Brennstoffen über die Rheinhäfen mit 1,92 Mio. t nur knapp verfehlt. Das Ergebnis entspricht einer Steigerung um nicht weniger als 85% und erreicht damit wieder die Werte vor der Energiekriese.
Die massive Steigerung ist daher vor dem Hintergrund des äusserst schwachen Ergebnisses des Vergleichsjahres zu sehen. Der Krieg in der Ukraine mit den nachfolgenden Russland-Sanktionen und die ausgeprägte Niedrigwasser-Periode führten zu einer starken Teuerung bei allen Energieträgern. So waren z.B. auch die Endverbraucher mit Zukäufen sehr zurückhaltend. Mit Preisen, die sich im 2023 doch etwas normalisierten und Tanks, die zunehmend leer waren, stieg die Nachfrage stark an. Die sich stabilisierenden Preise an den Tanksäulen sorgten weiter für steigende Importe von Benzin und Diesel. Dazu fielen in diesem Jahr die staatlichen Rabatte bei Treibstoffen im benachbarten Ausland weg, was den Schweizer Tank-Tourismus dämpfte.
Profitiert von dieser Entwicklung hat in geringerem Masse die einzige noch im Inland verbliebene Raffinerie. Die Abfuhr des Schweröls als Reststoff geschieht per Schiff; hier stieg der Umschlag um knapp 6% auf gut 36’000 t.
Da die Tanks bei den Endverbrauchern mehrheitlich gefüllt sind, ist davon auszugehen, dass sich der Aufwärtstrend gegenüber dem Vorjahr im 4. Quartal eher verlangsamen wird. Als Unwägbarkeit bleibt die Entwicklung in Nahost.
Landwirtschaftliche Erzeugnisse / Nahrungs- und Futtermittel
Auch im 3. Quartal verzeichneten die Schweizer Rheinhäfen in den beiden Segmenten einen grossen Mengenrückgang. Im Vergleich zum Vorjahr schloss das 3. Quartal mit einer Mindermenge von 42’000 t, was einem Rückgang von 26,5% entspricht. Die für diesen Rückgang verantwortlichen Faktoren können wie folgt zusammengefasst werden.
- Die Warenströme: Nach wie vor werden grosse Mengen mit europäischem Ursprung per Bahn und LKW in die Schweiz importiert und gehen somit weitestgehend an den Rheinhäfen vorbei.
- Die Rohstoffpreise: Die europäische Ware ist aktuell günstiger als Ware aus Übersee.
- Die Zollabgaben: Aufgrund der Inlandernte sind die Zölle in der Schweiz sehr hoch.
Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse verzeichneten insgesamt im Vergleich zum Vorjahr im 3. Quartal einen Rückgang von 44%, was rund 28’000 t entspricht. Hier drückten vor allem die Monate Juli und August mit einem Rückgang von insgesamt 70% das Resultat. Der Monat September war dagegen dank grösserer Mais- und Weizenankünften auf Vorjahresniveau.
Die Nahrungs- und Futtermittel mussten gegenüber dem Vorjahr im 3. Quartal ebenfalls einen Rückgang von 16% resp. 14’500 t verkraften.
Die bereits im 2. Quartal sichtbaren Parameter haben auch im 3. Quartal nach wie vor Gültigkeit, resp. haben sich aufgrund des erneuten Mengenrückganges noch akzentuiert. Eine Verbesserung ist kurzfristig nicht absehbar:
- Niedrige Wasserstände auf dem Rhein und die damit verbundene eingeschränkte Auslastung der Schiffe verteuern die Transporte auf dem Rhein
- Die Lagerkapazitäten in den Rheinhäfen werden weitestgehend für die Pflichtlagerhaltung genutzt. Dies führt zu einem erheblichen Ungleichgewicht von Kosten und Erträgen bei den Hafenfirmen und damit zu einer unterdurchschnittlichen Auslastung der Umschlagsinfrastruktur.
Anhand der Einfuhrmengen der Produktgruppe Eisen, Stahl und NE-Metalle von nur 47’845 t, das schwächste Quartalsergebnis seit 2020, können die Folgen der Hamsterkäufe aus dem 2022 und der stark gestiegenen Rohstoffpreise sehr gut nachvollzogen werden. Ebenso sind die deutlich erhöhten Energiepreise in der Schweiz dafür verantwortlich, dass in der Stahl- und Aluminiumindustrie teilweise die Produktionskosten zu hoch wurden, weshalb die Produktion gedrosselt wurde. Aus diesem Grund hat der Bundesrat im September entschieden, diese Branche zu unterstützen.
Was den Export betrifft, muss festgestellt werden, dass die Ausfuhren von Produkten der Gruppe Eisen und Stahl und NE-Metalle über die Schweizerischen Rheinhäfen lediglich 1’133 t erreicht haben. Einer der Gründe dafür ist die reduzierte Produktion aufgrund der zuvor genannten Faktoren.
Die guten Wasserstände im Hochsommer ermöglichten im dritten Quartal einen Anstieg der Importe von Produkten aus der Gruppe Steine, Erden und Baustoffe auf 147’596 t, was knapp 10’000 t mehr sind als im zweiten Quartal. Leider konnten die Exporte mit 59’670 t die Mengen des zweiten Quartals nicht erreichen. Die Auswirkungen der im Juli 2022 gestarteten Zinswende der Zentralbanken zeigen sich nun in einer gesunkenen Nachfrage im Euro-Raum nach Schweizer Baustoffen. Dies ist unter anderem auf die stark gestiegenen Zinsen und Investitionskosten für Bauprojekte in der EU zurückzuführen. Daher ist es wahrscheinlich, dass in den nächsten Monaten weitere Reduzierungen der privaten Ausgaben für Infrastrukturprojekte mit hohem Baustoffbedarf zu erwarten sind.
Unter den Erwartungen entwickelte sich die Sparte chemische Erzeugnisse mit einem Minus von jeweils knapp 10% bei der Zufuhr (111‘368 t) und Abfuhr (28‘473 t).